Mit
den rauen Wänden erinnern diese Räume an den Fight Club,
in dessen Keller Brad Pitt und Edward Norton sich prügelten.
In dem ehemaligen Chemielabor in Wien wurde noch nie ein Boxkampf
ausgetragen, dennoch ging es auch dort einige Monate lang gewalttätig
zu. Umgestaltet wurde das Labor vom Mailänder Architekten, Designer
und Innenarchitekten Vincenzo De Cotiis. Als erstes ließ er Wände
einreißen.
Es entstand ein weites, lichtdurchflutetes Loft, in
dem der 56-Jährige De Cotiss mit Kontrasten spielt und
Materialien aufeinanderprallen lässt, die "mal edel, mal roh,
mal wild und immer intensiv im Ausdruck sind", er erklärt.
Der
Boden, die Wände und Decken aus Beton wirken elegant, aber auch
kalt. Doch die Sofas im Wohnzimmer sind knuffig und aus weichen Leder
(Foto 1 + 2), die schwebenden Sideboards aus warmen Holz. Gewollte
Spannung.
Sofas
und Sideboards hat das Multitalent selbst entworfen. Er findet
Fließband-Möbel „unsexy“. Sein Studio, in dem acht Architekten
und Designern für ihn arbeiten, liegt in Milano; die zwei
Werkstätten in der Nähe von Parma. Dort baut er - unterstützt von
einem Handwerker-Team - einen Teil der Möbel für sein Label
PROGETTO DOMESTICO tatsächlich selbst. Alle Stühle, Tische und
Lampen haben Seltenheitswert, von keinem gibt es mehr als 10
Exemplare.
Die Möbel im Wiener Loft wirken wie für übermorgen,
entstanden aber aus Materialien von gestern – wie die gerahmten
Platten aus verwittertem Aluminium, die als Bilder im Loft an den
Wänden hängen. Oder die Sideboards aus gebürstetem Recyclingholz,
die über die ganze Breite des Wohnzimmers angebracht sind.
Kaum
ein anderer Architekt recycelt so viel wie de Cotiis. Er arbeitet mit
Marmor, verwittertes Leder, Fieberglas aus Schiffswerften, Kunstharz,
verwaschenes Kaschmir, oxidiertes Messing. „Ich
fange immer mit dem Material an und passe die Form an. Die Form kommt
an zweiter Stelle“,
erzählt er.
Doch von Italien noch einmal zurück ins Wiener Loft: Unter den Sideboards sind Lampenleisten angebracht, die fast schon goldenes Licht verströmen. Auch dies ist ein inszenierter Kontrast zum Beton und zur minimalistischen Einrichtung. Und dann gibt es noch eine kleine Überraschung, für die De Cotiis immer gut ist: Mitten im Raum hängt eine zwei Meter lange Zwille, die man erst auf dem zweiten Blick als Lampe erkennt (Foto 3). Molto impressionante.
Dank an Vincenzo De Cotiis für die Fotos.
via © Vincenzo De Cotiis Architects, Max Zambelli (Fotos)